Für alle

Grüße zum Sonntag (19.4.20)

Liebe Chöre,

in dem Lied „Gottlob, der Sonntag kommt herbei“ werden die ganzen schönen Dinge, die je an Sonntagen passiert sind, aufgezählt: Gott hat das Licht geschaffen, die neue Woche beginnt, und es wird an die Auferstehung von Jesus Christus am Ostersonntag erinnert. An jedem Sonntag sollen wir uns daran erinnern und uns darüber freuen. Die Freude, dass wir am Sonntag von der Arbeit ruhen dürfen, ist derzeit geteilt. Die meisten von uns würden sich über den normalen Alltag eigentlich mehr freuen. Zumindest merke ich, wie meine Spannkraft deutlich nachlässt…

Verena Bernhardt hat einen geistlichen Gruß für den heutigen Tag geschrieben, den ich euch gerne weiterleite. Alternativ findet ihr die Andacht auch auf der Gemeindehomepage.

Und ansonsten gibt es für den Posaunenchor die Konzeption eines Konzertprogramms, für die Starfish-Singers einen neuen Song und für die Kantorei etwas über die Entstehungsgeschichte von Dvoraks Messe in D. Auch die Serie mit Stimmbildung hat ein weiteres Einsingen bekommen. Viel Freude mit dem Material und den Infos.

Impuls für den 1. Sonntag nach Ostern (19. April 2020) zu Johannes 20, 19-29

von Pastorin Verena Bernhardt

„Stay at home“ – Zuhause bleiben. Das haben wir in den vergangenen Wochen verinnerlicht. Zuhause geblieben sind auch die Jünger nach der Auferstehung Jesu. Aber bei ihnen war der Grund dafür keine Pandemie. Sie waren verunsichert. Sie hatten Angst, verfolgt zu werden.

Die Jünger warteten ab, was geschehen würde. Auch Thomas war unter ihnen, der sich nach dem Tod Jesu zunächst aus der Gemeinschaft der anderen zurückgezogen hatte. Ihm hatte man davon erzählt, dass der Auferstandene schon einmal erschienen wäre. Thomas aber hatte gezweifelt: „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich´s nicht glauben.“, so hatte er damals geantwortet.

Nun aber steht Jesus wieder in ihrer Mitte und wendet sich direkt an den Zweifler: „Reiche deine Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“, so forderte er Thomas auf.

Michelangelo Merisi da Caravaggio hat aus diesem Moment eines seiner berühmtesten Gemälde gemacht. Es trägt den Titel: „Der ungläubige Thomas“. [Das Bild seht ihr auch als Beitragsbild oben.]

Was das eindrückliche Werk zum Ausdruck bringt, das kommt unserem eigenen Bedürfnis nach Begreifen nahe: Wir wollen verstehen. Wir wollen uns selbst ein Bild machen von dem, was wir sonst nicht nachvollziehen können. Wir sind es gewohnt, von Ereignissen Filmaufnahmen in den Nachrichten zu sehen. Wir brauchen einen Blick auf die Statistik und eine Einordnung in unsere Weltanschauung. Worte und Berichte anderer genügen uns oft nicht.

Etwas zu erfahren, ist das eine; es für sich zu realisieren, das andere. Das ist bei unglaublich schönen Ereignissen genauso wie bei „Hiobsbotschaften“.

So suchen wir in diesen Tagen einen Weg und sind auch damit den Jüngern in der Geschichte nicht unähnlich. Von den im Hause eingeschlossenen, mutlosen Anhängern Jesu bis zu der begeisterten Schar, die an Pfingsten auf die Straße tritt und über ihren Glauben spricht, ist es ein weiter Weg. 50 Tage liegen dazwischen.

Wir ahnen, dass auch vor uns noch ein Weg liegt. Schritt für Schritt wird er gangbarer. Neue Strukturen brauchen Zeit, aber gemeinsam finden wir sie nach und nach.

Von Thomas ist uns im Johannesevangelium nur die stammelnde Reaktion überliefert: „Mein Herr und mein Gott!“ Jesus antwortete ihm: „Weil du mich gesehen hast, darum glaubst Du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“

Glauben an den Auferstandenen, das heißt für uns in diesen Tagen: Glauben, dass eine größere Macht uns begleitet und bewahrt; darauf vertrauen, dass wir gehalten bleiben in allem Unheil, das um uns herum geschieht. Es bedeutet auch: Glauben, dass es weitergeht mit uns selbst, mit unserem Land und mit dieser Welt, selbst wenn wir jetzt noch nicht wissen, was sich alles verändern wird.

Immer wieder wird uns dieser Glaube unvereinbar vorkommen mit unserem Verstand. Er ergibt sich nicht logisch aus dem, was wir zurzeit sehen und erfahren. Wir könnten darum einen solchen Glauben belächeln – ebenso wie die österliche Hoffnung auf eine Auferstehung. Wir können es aber auch mit dem Kirchenvater Tertullian halten, von dem der Ausspruch überliefert ist: „Ich glaube – gerade weil es unvernünftig ist.“

Und damit es sich noch mehr nach Sonntag, Gottesdienst und Kirche anfühlt, hier dazu auch Musik:

J. S. Bach: Präludium und Fuge G-Dur, BWV 541

Festlich-fröhlich schwingt sich die einstimmige Linie zu Beginn des Präludiums in die Höhe, wirbelt einmal über den gesamten Tonraum des Manuals und führt dann erneut zum hohen g‘‘, um dem prachtvollen Einsatz der anderen Stimmen Raum zu geben.

Das Präludium hat Anklänge an Concertoformen italienischer Barockmusik und verbindet das konzertante Sektprickeln eines Antonio Vivaldi mit den weiten Bögen Bach’scher Harmonik.

Für mich ist der Anfang in Musik gemalte Auferstehung: Die Einstimmigkeit ist das fröhliche Vorbeben, bevor mit dem Einsatz der anderen Stimmen alles in Bewegung kommt und der Stein vor dem Grab weggerollt wird.

Das Fugenthema mag dem Kenner der Bachkantate BWV 21, „Ich hatte viel Bekümmernis“, bekannt vorkommen. Die Motivik des Eingangschores findet sich in der Fuge G-Dur wieder. Und doch ist der Charakter der „Bekümmernis“ verschwunden und wird durch das festliche Dur überstrahlt.

Ich liebe dieses Satzpaar Präludium und Fuge sehr: Es gehört zu den großen Orgelwerken Bachs und ist doch mit 7:35 min eins der kürzeren. Damit kann man es gut im Gottesdienst spielen, oder – so wie ich im letzten Jahr hier auf Norderney – zu einer Bewerbung, bei der man in kurzer Zeit anspruchsvolle Orgelmusik in einer vielseitigen Auswahl zeigen soll. Da darf ein großer Bach natürlich nicht fehlen.

Die Aufnahme stammt vom 21. Februar 2019 aus der Kirche Stella Maris. Die Harm-Kirschner-Orgel war wegen Renovierungsarbeiten in der Inselkirche zum Zeitpunkt der Bewerbung eingehaust, so dass die Bewerbung in der katholischen Schwestergemeinde stattgefunden hat.

Und wer noch mehr über dieses großartige Werk lesen möchte, findet hier eine sehr gelungene Analyse.

Ich wünsche euch einen gesegneten Sonntag. Zum Glück dürfen wir am Strand spazieren gehen!

Gudrun

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